
Der geplante Bau des Logistikzentrums in Philippsburg spaltet den Gemeinderat und auch die Gemeinde. Mit einem gemeinsamen Antrag brachten die Fraktionen der FW, SPD und Uli die Planung einer zweiten Zufahrt aus Richtung Huttenheim zum westlichen Gredlergelände auf den Weg. Dagegen wehrte sich die CDU, die dazu aufrief, „die Chance zu ergreifen, das Logistikzentrum noch abzulehnen“, wie Huttenheims Ortsvorsteher Markus Heil erklärte.
Streckenweise ging es während der Gemeinderatssitzung höchst turbulent und auch aggressiv zu. Verbale Keulen wurden herausgeholt, vermeintliche Gegner attackiert und „Lügen“ unterstellt. „In 30 Jahren Gemeinderatstätigkeit habe ich so etwas noch nicht erlebt“, stellte ein erregter Hans Brecht fest. Die Glaubensfrage lautete dabei: Ist der Antrag auf finanzielle Förderung eines nichtbeschlossenen Projekts durch den Bürgermeister ein „verantwortungsvolles Handeln in weiser Voraussicht“ oder ein „rechtswidriges Übergehung des Gemeinderats“?
Jede Seite vertrat ihre Position engagiert und emotional, mit voller Überzeugung, die richtige Meinung zu vertreten: So hielt die CDU der FW vor, bei jeder Haushaltsrede auf mehr Transparenz durch den Bürgermeister zu pochen, dann aber Nichttransparenz wohlwollend in Kauf zu nehmen. Der CDU kreidete die SPD an, sich 1998 für ein Logistikunternehmen stark gemacht zu haben und 2018 vor der entscheidenden Gemeinderatssitzung die anderen Fraktionen nicht rechtzeitig über ihre Ablehnung informiert zu haben. Sogar die damalige Reihenfolge der Redner war jetzt Stein des Anstoßes.
CDU-Fraktionschef Hans Gerd Coenen zitierte aus einem aktuellen Verkehrsgutachten der Stadt, in dem es heißt: „Die zukünftige Verkehrsbelastung beträgt circa 10 000 Kfz.“ Für Bürgermeister Martus dagegen ist die Zahl „Antragskosmetik mit etwas übertriebenen Zahlen“, um an Fördermittel zu kommen. Laut Coenen hätte der von Martus auf den Weg geschickte Förderantrag Grundlage für die parallel laufenden Haushaltplanberatungen sein müssen. „Doch dazu vernahm der Gemeinderat keinen Ton“, kritisierte der CDU-Politiker. Für ihn sei diese Übergehung des Gremiums ein Verstoß gegen die Gemeindeordnung. Mit einer zweiten großräumigen Zufahrt ebne die Stadt den Weg, dass ein weiteres Logistikzentrum auf dem ehemaligen Goodyear-Gelände näherrückt und die Gesamtsituation verschlimmert, argumentierte die CDU.
Anders als für die Union ist für die SPD, so Jochen Pöschel, das fünf Millionen teure Verkehrsvorhaben finanzierbar: Vom Ministerium gebe es zwei Millionen Fördermittel, die Dietz AG habe 30 Prozent der Kosten in Aussicht gestellt. „Ich gehe davon aus, dass sich weitere Unternehmen gerne an der Zufahrtsfinanzierung beteiligen.“ Auf die dringende Notwendigkeit verwies Peter Steinel (Uli). Mit seinen Kollegen Peter Kremer (FW) und Jochen Pöschel (SPD) vertrat er die Auffassung, der Rathauschef habe mit seiner Antragstellung „verantwortungsvoll“ gehandelt, auch „inhaltlich und substanziell richtig“, so der SPD-Sprecher: „In einer solchen Situation muss der Bürgermeister Pläne in seiner Schublade haben.“
Eine neue Überlegung brachte Thomas Biesenberger (FW) ins Gespräch: eine Strecke über den ehemaligen Standortübungsplatz parallel zur Eisenbahnlinie, bis diese in Richtung Bahnhof Huttenheim die L 602 unterquert. Dort könnte man eine Auffahrt schaffen und den Verkehr auf die B 35 leiten. Martus sagte eine Prüfung zu.
Mit den Stimmen von FW, SPD und Uli wurde eine Erweiterung des Bebauungsplans „Gewerbegebiet Bruchstücker“ beschlossen, da eine zweite Zufahrt nur über ein solches Bebauungsplanverfahren möglich ist. Die Anbindung an die L 602 soll auf der Höhe des ehemaligen Hebelwerkes erfolgen.
Autor: Werner Schmidhuber
Quelle: © Badische Neuste Nachrichten (BNN) - Freitag, 17.05.2018